Kurzfassung:
Wir zeichneten eine Menge gar nicht so leichter Ellipsen, anhand derer wir die räumliche Form von Kugeln, Luftballons, Äpfeln und schlussendlich einem Schwein durchsichtig gedacht konstruierten.
Das Drahtgittermodell dieses Geschöpfes erklärte uns die Denkweise, die Zeichnern seit der Renaissance bis in die Gegenwart die Illusion von dreidimensionalen Körpern zu schaffen verhilft.
Folien:
Lange Fassung:
Die zweite Stunde zum Phänomen des RAUMES führte ein weiteres Verfahren oder genauer gesagt eine andere Sicht auf die räumliche Ausdehnung dreidimensionaler Körper vor.
So selbstverständlich uns das visuelle Phänomen der Wölbung auch erscheinen mag, es hat einer enormen kulturellen Anstrengung bedurft, das Geheimnis der Darstellung von Körperlichkeit in einer zweidimensionalen Zeichnung zu lüften, da es dazu einer gewissen geometrischen Abstraktionsfähigkeit bedarf.
Als Hilfestellung habe ich das dreidimensionale Drahtgittermodell eines gemeinen Hausschweines vor Augen gestellt, das im Kern den Hilfskonstruktionen der Körper- und Raumdarstellungen der Renaissancezeichnung und -malerei entspricht:
Das Prinzip, die Dinge "durchsichtig" und wie aus feinem Draht gebaut zu begreifen, kann man seit der Renaissance bis hin zu modernen virtuellen Computeranimationen beobachten (hier spricht man von sog. "Drahtgittermodellen" als Basis für dreidimensionale Erscheinungen in 3-D-Programmen).
Eine ausserordentlich lehrreiche Abbildung zu diesem Ansatz und zu allen weiteren Übungen dieser Einheit findet man in Leonardo da Vincis glücklicherweise unvollendet gebliebenem Gemälde "Anbetung der Könige", das die Raumkonstruktion und "transparente" Anlage des Gemäldes wie auf einem Reissbrett bis ins kleinste Detail durchführt:
„Perspektiven-Studie für den Hintergrund der Anbetung der Könige “
In den Übungen des Abends versuchten wir anhand einfacher dreidimensionaler Gegenstände, die wichtigsten Elemente dieses Phänomens zeichnerisch zu erfassen.
Anhand einer Kugel bzw. eines durchsichtigen Luftballons, dessen "Äquator" und "1.Breitengrad" wir mit einem Filzschreiber markierten, galt es, die Körperlichkeit des Gegenstands nachzuzeichnen und dabei zu beobachten, welche Verformungen die Kreisbahnen je nach Lage und Blickpunkt nehmen. Ihr stelltet mit Sicherheit fest, dass auch dies intellektuell schnell erfasst, aber noch längst nicht so schnell gezeichnet ist.
Ellipsen sind vertrackt und bedürfen der Übung!
Übungen:
1) Luftballons:
Die leider nicht ganz so durchsichtigen Luftballons galt es mit einem Äquator und wenigstens einer umlaufenden Linie ( Längen- und Breitengradmarkierung) zu versehen und so aus jedem denkbaren Blickwinkel zu zeichnen. Dabei kann man die Art der Verkürzung der Kreisbahnen zu Ellipsen beobachten.
In der räumlichen Zeichnung sind Ellipsen räumliche Objekte, die den Gesetzen der Perspektivkonstruktion folgen. Im Augenblick galt es dies nur zu beobachten, die Konstruktion der räumlichen Verkürzung werden wir in einer der kommenden Stunden gemeinsam erfahren.
Das beobachtete Phänomen kann man mit Hilfe eines einfachen Wasserglases jederzeit studieren. Beobachtet, wie die Kreisbahnen der Deck- und Bodenflächen unterschiedliche Formen bzw. Stauchungen von Ellipsen aufweisen. Nur allein die Darstellung dieser unterschiedlichen Stauchungen und Verkürzung ist schon ein Hilfsmittel bei der Zeichnung, Räumlichkeit stimmig und plausibel darzustellen
2) Das Gelernte ist auf handelsübliches Obst und Gemüse zu übertragen. Zeichnet bitte Birnen, Äpfel, Paprika und alles, was gewölbt ist. Zunächst durchsichtig und mit einem Gittermodell versehen, dann verbindet diese Beobachtungen mit den Beobachtungen der vorangegangenen Stunde und tragt die auffallendsten Überschneidungen ein.
Anhand dieser einfachen Zeichenelemente ist man ab jetzt in der Lage, ohne komplizierte geometrische Raumkonstruktion plausible plastische Objekte zu zeichnen.
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