2 Stand der Dinge, heute ohne Besprechung der Übungen.
WICHTIG: Wir haben gestern beschlossen, dass unsere nächste Stunde "Rundpinsel. Nass-in-Nass-Techniken" am Montag 31.5.21 stattfindet, da nächste Woche plötzlich und unerwartet Pfingstmontag ist!
Kurz noch einmal zur Idee und zum Aufbau dieser Runde:
Das Zusammenspiel von Papier, Wasser, Werkzeug und Pigment wollen wir in dieser Runde gemeinsam in seine Einzelheiten zerlegen und betrachten:
Vom Pigment (das wir uns letzte Runde schon genau betrachteten), über die Werkzeuge (Pinsel vor allem, aber auch die ausgefallenen), zum Wasser und letztlich zum Papier, dessen Fazit ich mir bis zum Schluß aufhebe, auf dem ihr aber jetzt schon unbedingt in der Challenge und in den Übungen unterschiedliche Erfahrungen sammeln sollt.
Das Thema "Das tägliche Blatt" ist gedacht als Probebühne für die Experimente, die ihr auf diesem Weg macht. Das heißt, die Aufgabe ist im Prinzip immer die selbe, die Lösungen sollen aber von den Themen der jeweiligen aktuellen Stunde inspiriert jedesmal andere sein.
3 DEMO der letzte Stunde angesprochenen Pinsel-Studien, die ich heute live mache und dabei filme.
Es ist heute so gedacht, dass ich euch immer eine Episode vorstelle und erkläre, dabei Übungen zeige und euch in 3,4 Übungen ausprobieren lasse, sodass wir aufkommende Fragen und Probleme gleich klären können. Ich filme den jeweiligen Prozess gleich und bearbeite daraus wichtige Stellen für die Website.
1 Pinselspielsudelbücher:
Zeigen, was in einem Flachpinsel steckt / In meinen Sudelbüchern blättern und erklären - und welche Pinselsorten welche Spuren machen
Kurz zu meinen eigenen Methoden, die euch anstiften sollen, ähnlich spielfreudig daranzugehen!
„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt." Tatsächlich Schiller...Zeigen, was in einem Flachpinsel steckt / Blättern und erklären - und welche Pinselsorten welche Spuren machen
Übung 1:
- Sammelt zunächst addierend alle möglichen Spuren, die ein Flachpinsel kann (s. Foto "Pinselspuren als Ausdrucksmittel des Malens")
- Dann verdichtet und lockert eine einzelne Spur durch Wiederholung in quasi bildhaft minimal komponierter Form wie in dieser Abb. und macht euch Gedanken, für welche Gegenstände, Naturphänomene die Spur benutzt werden könnte:
Beispiele für solche Spuren:
- Der horizontal gezogene Flachpinsel in verschiedener Richtung und mit unterschiedlichem Druck und Drehung
(Film kommt)
- Der ausfahrende, sich verjüngende vertikale Pinselstrich ("flick off" = wegfegende Bewegung, bei der die Spitze in der ausfahrenden Bewegung vom Blatt allmählich erst abhebt)
(Film kommt)
- Die von der seitlich aufgesetzten Flachpinselspitze mit sanften Druck erzeugte blattartige Spur und das allmählich wieder zur Spitze kommen - woraus vegetabile Formen langer und kurzer Blattformen entstehen.
(Film kommt)
Fazit: Der Pinsel hat in sich schon alles, was ein Bild braucht, seine Spur wird transformiert in eine Textur, ein Naturding (Laub, Wald, Wasser, Wolke) oder in ein Gestaltphänomen auch abstrakter Art.
Kurze Erklärung, warum euch die folgende Lektion zur japanischen/chinesischen Kalligraphie als Anreiz dienen soll, sich mit der SPUR eurer Pinsel zu beschäftigen, die immer, auch in der europäischen Aquarellmalerei, sozusagen direkt eure Gedanken und Beobachtungen übersetzt:
- Den Gebrauch des Pinsels (und aller anderer Werkzeuge) gilt es m.E. genau so zu üben, kultivieren, bewußt zu machen, wie es z.B. bei Geige/Cello/Bratsche oder jedem anderen Instrument oder Werkzeug nötig ist, sich dessen Gebrauch anzueignen. Das fällt nicht vom Himmel. Ich benutze gerne den Vergleich mit der Geige, deren Ton ja vom Führen und dem sensiblen Gebrauch des Bogens bestimmt ist. Das verlangt Konzentration, gute Haltung, Atmung und bewußte, ja leider auch langwierige und wiederholte Aneignung. Aber seltsamerweise glaubt man anscheinend, dass es einen Pinsel oder Stift zu führen nicht besonderer Beachtung bedarf.
Was mich zu der Auseinandersetzung mit der Pinselspur bringt:
- Es gibt keine Lehre vom Pinsel und dessen Gebrauch, nicht als Buch, nicht als Lehrinhalt. Seltsam eigentlich.
- Die in der modernen Malerei spätestens seit dem Impressionismus entwickelte Aufmerksamkeit der Spur gegenüber, losgelöst vom Gegenstand (autonome Malerei), könnte allerdings Anlass geben, sich mit der Qualität der Pinselspur zu beschäftigen. Oft ist sie allein schon Thema genug. Siehe Abstrakter Expressionismus, Action Painting, Tachismus, Essentielle Malerei usw.
- Die Entdeckung, dass der Gebrauch des Instruments einer "Kultivierung" bedarf, für die es noch keine Sprache gibt, die aber in den Bildern sichtbar wird. Stichworte: Persönlichkeit. Authentizität. Unmittelbarkeit.
Zum SUMI-E Pinsel:
"Die Kunst des Sumi-e erfordert eine hochgradige Beherrschung des Materials, denn jeder Pinselstrich auf Seide oder Papier ist unwiderruflich. Dies hat in Ostasien zu einem außerordentlichen Feingefühl für den Ausdruckswert der Linie geführt. Wie die Form eines Schriftzeichens bereits seinen inneren Gehalt zum Ausdruck bringt, so soll die Pinselführung eines Tuschbildes schon sein Wesen ausdrücken. Das Zauberwort der Tuschmalerei heißt Notan, tiefe und leichte Töne (Hell-Dunkel-Kontrast durch unterschiedliche Farbhelligkeit). Von dem Künstler des Sumi-e wird erwartet, dass er mit seiner schwarzen Tusche mindestens den gleichen Reichtum an Tönen zu schaffen vermag wie mit der Fülle bunter Farben. Ein bekanntes Meisterwort lautet: „Wenn man die schwarze Tusche geschickt behandelt, dann ergeben sich die fünf Farben fast von selbst“.
Dadurch, dass die Dinge aller Farbe entkleidet sind und aus dem Zusammenhang mit der Umgebung gelöst werden, wird ihre innere, geistige Struktur spürbar, ihr „wirklicher“ Charakter erscheint. Je sparsamer die Mittel der Darstellung, je fragmentarischer das Ganze zu werden scheint, desto bedeutender und hintergründiger wird der Ausdruck der Linie; aus den Linien spricht dann etwas, was nicht an den Dingen sichtbar wird, sondern was in und hinter ihnen steht."
Weiteres wichtiges Stichwort: Wabi Sabi
Zitat: "Ursprünglich bedeutet Wabi sich elend, einsam und verloren zu fühlen. Dies wandelte sich zur Freude an der Herbheit des Einsam-Stillen. Aber erst in der Verbindung mit Sabi, alt sein, Patina zeigen, über Reife verfügen, entstand die eigentlich nicht übersetzbare Begriffseinheit, die den Maßstab der japanischen Kunstbewertung bildet. Nicht die offenkundige Schönheit ist das Höchste, sondern die verhüllte, nicht der unmittelbare Glanz der Sonne, sondern der gebrochene des Mondes. Der bemooste Fels, das grasbewachsene Strohdach, die knorrige Kiefer, der leicht berostete Teekessel, das und Ähnliches sind die Symbole dieses Schönheitsideals. Es geht um die Hoheit, die sich in der Hülle des Unscheinbaren verbirgt, die herbe Schlichtheit, die dem Verstehenden doch alle Reize des Schönen offenbaren (Wilhelm Gundert).
In den Wäldern drüben,
tief unter der Last des Schnees,
ist letzte Nacht
ein Pflaumenzweig erblüht.
In diesem berühmten Vers liest der Verständige das Sabi und Wabi."
FILM auf Domestika.org : Demo der Philosophie und Grundlagen der Haltung in der Zen Kalligraphie
Da ich als Mitglied diese Lernplattform domestika.org häufiger benutze, war es mir leider nicht mehr klar, dass die Kurse einzeln gebucht kostenpflichtig sind. Ich kann und will euch natürlich nicht dazu bringen, euch diese Kurse zu kaufen oder Mitglieder der überwiegend sowieso spanischen und englischsprachigen Plattform zu werden, aber glaubt es mir, das Preis/Leistungs-Verhältnis von Inhalt und die Präsentation der Stoffe für etwas weniger als 10€/Kurs steht in keinem Verhältnis.
Der Online-Kurs ist mit Untertiteln in englisch und m.E. leicht zu verstehen. Gerade dieser Einführungskurs zur Zen Kalligrafie ist in seiner Authentizität und Qualität nirgends sonst so zu bekommen. Wer Interesse daran hat und eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Gebrauch eines Pinsels oder Stifts sucht, der wird hier fündig.
Grundhaltungen, Grundidee, Figuren zeigen:
Haltung. Kraft. Druck und Leichtigkeit. Wertschätzung des Unvollkommenen.
Rückwirkung der Spur auf die Wahrnehmung. Dialog mit der Spur.
Abbildung der gelenkten Kraft.
Für uns und generell wichtige Beobachtung in den Grundlagen:
Der uns oft nicht bewußte Rhythmus von ANSATZ/ANFANG - BEWEGUNG/RICHTUNG/ENERGIE - AUSLENKUNG/AUFHÖREN/LOSLASSEN in der Spur.
Klassisch:
Moderne Formen:
Übung 2:
Haltung des Sumi-e Pinsels. Ansatz. Und Spirale-Grundübung
Übertrag auf den Rundpinsel
Sachlich, analytisch: Spuren, die mit einem Rundpinsel möglich sind. Arbeitsblatt von Dr. Oto Kano, https://www.youtube.com/watch?v=kpe__1n_Zko |
Zeigen:
Sonderform der Pinselspur, wie Kalligräfinnen oder Illustrator:innen sie kontrolliert einsetzen:
- Demo der kalligraphischen Linienkontrolle mit sehr feinem Pinsel. Winsor&Newton Series 7
- Was den Unterschied macht: "Länge" der Spur wg. Aufnahmevermögen (Unterschied synth. vs Naturhaar).
- Malen mit der Seite des Pinsels (belly drag)
- Malen fast ohne Farbe (drybrush)
- Release /Auf und ab und Leaf (Blattform mit Rundpinsel)
Zeigen: Synth. vs Naturhaar (Fehhaar= Eichhörnchenschweif) und Mix.
Übung 3:
Rundpinsel An- und Absatzspuren (siehe Chart von Dr. Kano oben, Release Up&Down / Leaf)
Demo der "BlattSpur" aus einem Pinsel, An- und Absatz |
Abschluss: Wie nun die Welten verbinden?
Die Pinselspur im Skizzieralltag unterwegs.
Beispiel aus der Kunstgeschichte: Turners fixe Reiseskizzen!
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